Mali

Mali

Mali ist ein Binnenland in Westafrika mit rund 20 Millionen Einwohnern*innen. Die Wirtschaft basiert auf Landwirtschaft, Viehzucht und dem Handel mit Gold. Das Land gehört im Vergleich zu westlichen Standards der Modernisierung und Industrialisierung zu den wirtschaftlich schwächsten Ländern der Welt. Im Jahr 2021 belegte es beim HDI Ranking Platz 186 von 191. Seit der französischen Kolonialherrschaft ist das Land Schauplatz verschiedener Machtkämpfe, was sich bis heute in asymmetrischen Machtverhältnissen niederschlägt. Seit 2012 ist Mali in eine vielschichtige Krise verstrickt und war lange Zeit vom Terrorismus bedroht.

Nach den Staatsstreichen von 2020 und 2021 wurde Mali von der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS, der Afrikanischen Union und der Internationalen Organisation der Frankophonie, suspendiert. Dies trug dazu bei, dass sich die vielfältigen sicherheitspolitischen, institutionellen, sozioökonomischen und wirtschaftlichen Krisen zuspitzten und verschärften. So kündigte Mali im Mai 2022 seinen Austritt aus der G5 Sahel an, deren Gründungsmitglied es war. In zahlreichen Brennpunkten in ganz Mali kam es zu Gewaltakten durch Terroristen, islamistische Extremist*innengruppen sowie ethnische Fragmentierungen – insbesondere in den nördlichen Regionen – die regelmässig die Sicherheit der Bevölkerung bedrohen.

Millionen von Menschen sind durch die Krise betroffen

Von der institutionellen und sicherheitspolitischen Krise sind 7,2 Millionen Menschen in Mali betroffen, darunter etwa 50% Frauen, 19% Kinder unter fünf Jahren und 3,5% der Menschen im Alter von 60 Jahren und älter. In dem Bestreben, Mali Kura (Neues Mali) zu errichten, stehen die malischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (FDS) bei der Schaffung von Frieden und Sicherheit an vorderster Front. Der malische Staat hat den endgültigen Abzug der französischen Armee (Operation BARKHANE) und der UN-Friedensmission MINUSMA für 2022 und 2023 beantragt. Ende 2023 wurde Minusma offiziell beendet. Gemäss ihren Aufgaben als malische Armee übertreffen sich die Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (FDS) selbst, um Mali Kura zu einer Realität zu machen, die manche angesichts des zerrütteten Zustands, in dem sich das Land befand, für unvorstellbar hielten.

Auf wirtschaftlicher Ebene zeigt die «Note sur la situation économique du Mali 2023» der Weltbank, dass die Dürreperioden den Viehzucht- und Landwirtschaftssektor – einen der wichtigsten Wirtschaftssektoren Malis – ernsthaft beeinträchtigen. Die Viehzucht macht 40% des Bruttoinlandprodukts (BIP) des Primärsektors und ca. 15% des nationalen BIP aus, sichert die Existenz von 85% der Landwirt*innen und generiert Einkommen für ca. 30% der Bevölkerung (ca. 6 Millionen Menschen). Darüber hinaus verfügt Mali nach Nigeria über den zweitgrössten Viehbestand unter den ECOWAS-Ländern, mit 60,1 Millionen Tieren im Jahr 2019. Laut derselben Studie «Note sur la situation économique» hat Mali zwischen 1970 und 2020 mehr als 40 grosse Klimaschocks erlebt. Dürren beispielsweise hätten jährlich rund 400’000 Menschen betroffen und die ernteabhängigen landwirtschaftlichen Einkommen um 9,5 Millionen US-Dollar pro Jahr reduziert. Die Heuschreckenplagen von 1985-1988 und 2003-2005 hätten Millionen Hektar Ackerland zerstört. Jedoch wurden die Auswirkungen auf die Bevölkerung nicht gemessen.

Grundrechte von Frauen sind nicht gesichert

Was die Rechte von Frauen und Kindern betrifft, so ist Mali offiziell mehreren internationalen Übereinkommen beigetreten. In der Realität werden diese Grundrechte jedoch noch kaum in nationale Gesetze umgesetzt. Was die bestehenden Gesetze betrifft, so werden viele davon noch kaum umgesetzt. Geschlechtsspezifische Gewalt ist weit verbreitet und die Entscheidungsgewalt in den meisten Lebensbereichen liegt bei den Männern. So definiert das Familiengesetzbuch beispielsweise den Mann als «Familienoberhaupt» und obwohl sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt in der Ehe eine Straftat darstellt, ist häusliche Gewalt nicht ausdrücklich gesetzlich verboten. Im Vergleich zu anderen Ländern der Subregion gibt es in Mali noch keine Gesetze, die geschlechtsspezifische Gewalt wie die Beschneidung von Mädchen oder die Kinderehe verbieten. 75% der Bevölkerung halten die weibliche Genitalbeschneidung für normal, während 18% der Frauen und 13% der Männer der Meinung sind, dass diese Praxis nicht fortgesetzt werden sollte.

Jahrzehntelange politische Zerrüttung, neokoloniale Machtstrukturen sowie eine prekäre Sicherheitslage haben in Mali zu einer hohen Armut geführt. Die Folgen der Covid-19 Pandemie und der Klimakrise ist Armut weiter angestiegen, was zu einer ungleich verteilten Retraditionalisierung der Geschlechterrollen in der Gesellschaft geführt hat. Verfestigte patriarchale Strukturen untergraben weiterhin die Rechte der Frauen, wodurch malische Frauen gegenüber Männern benachteiligt werden. Die Regierung setzt sich nicht ausreichend für den Schutz von Frauen ein. Dies äussert sich in einem Mangel an geeigneten Gesetzen oder in der Missachtung von Gesetzen, die zum Schutz von Frauen erlassen wurden. Zum Beispiel dem Familiengesetzbuch, das die Heirat von Mädchen mit 16 Jahren und von Jungen mit 18 Jahren erlaubt.

Der Zugang von Frauen zu Bildung ist eingeschränkt. Mädchen werden zum Teil nicht mehr zur Schule geschickt, weil sie verheiratet wurden oder weil sie auf den langen Schulwegen sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt sind. Viele Formen geschlechtsspezifischer Gewalt, einschliesslich häuslicher und sexualisierter Gewalt, werden in Mali gesellschaftlich toleriert. In der Nordregion Malis wurde die Gewalt zudem durch Rebellen und Extremisten zementiert. Binnenvertriebene reproduzieren nach ihrer Flucht häufig die von Rebellen und Extremisten erlittene Gewalt. So haben die Fälle von Gewalt im ganzen Land massiv zugenommen.

Der Mehrheit der zivilgesellschaftlichen Organisationen in Mali, die sich für die Einhaltung der Frauenrechte durch den Staat einsetzen, haben einige Anstrengungen unternommen. So läuft seit 2020 ein Verfahren gegen den malischen Staat wegen der im Familiengesetzbuch erlaubten Frühehe und der weiblichen Genitalbeschneidung, die das Recht auf körperliche Unversehrtheit von Frauen und Mädchen verletzt. Der Fall wurde auf Antrag von zwei nichtstaatlichen Menschenrechtsorganisationen, der Association pour le progrès et la défense des droits des femmes maliennes (APDF) und dem Institute for Human Rights and Development in Africa (IHRDA), an den Afrikanischen Gerichtshof für Menschenrechte und Rechte der Völker (Afrikanischer Gerichtshof) verwiesen. Die Organisation Association Malienne pour le Suivi et l'Orientation des Pratiques Traditionnelles (AMSOPT) hat den Prozess begleitet. Der malische Staat wurde wegen der Verletzung der internationalen Verpflichtungen, die sich hauptsächlich auf die Beseitigung aller Formen der Diskriminierung von Frauen und den Schutz und die Verteidigung des Wohlergehens von Kindern beziehen, verurteilt.

 

Fläche: 1.240.192 km2
Hauptstadt: Bamako / ca. 2,9 Mio. Einwohner
Bevölkerung: 21.3 Mio. (2023, geschätzt)
Bevölkerungswachstum: 2,93% pro Jahr
Städtische Bevölkerung: 46,2%
Säuglingssterblichkeit: 59 pro 1000 Lebendgeburten
Müttersterblichkeit: 440 pro 100‘000 Geburten
Anzahl Kinder pro Frau: 5,45 Geburten pro Frau
Verhütungsrate: 17,2%
Lebenserwartung: 62 Jahre
Ärzte: 0,13 auf 1'000 Einwohner
Spitalbetten: 0,1 auf 1'000 Einwohner
Alphabetisierung (über 15-jährige, die lesen und schreiben können): 35,5%

Quelle: CIA World Factbook (2023)

 

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